ADHS Neurofeedback: Was das umstrittene Verfahren kann und wie es funktioniert
ADHS Neurofeedback wird immer öfter miteinander verbunden. Die als Neurofeedback oder auch EEG-Biofeedback bezeichnete Methode bei ADHS, bei der Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen Elektroden am Kopf platziert werden, klingt für viele Eltern beängstigend, unseriös und wenig vertrauenerweckend.
Schnell wird es daher als unwissenschaftlich abgestempelt. Dabei wissen die meisten gar nicht, was sich hinter dem Verfahren versteckt, das seit vielen Jahren erprobt und verfeinert wird. Schon seit 1976 wird die Methode erforscht und kontinuierlich erweitert.
Mit dem ADHS Neurofeedback die Konzentration steuern
Durch bestimmte, spielerische Aufgaben am PC sollen Kinder mit starken Aufmerksamkeitsstörungen die Funktionen ihres Gehirnes aktiv zu beeinflussen lernen. Das Neurofeedback & ADHS ermöglicht direkt während des Lösens einer Aufgabe am Monitor die Rückmeldung von spezifischen Hirnaktivitäten des Kindes.
Ihre Hirnaktivität, im Normalfall über unsere Sinne nicht wahrnehmbar, kann durch Messgeräte sichtbar gemacht werden.Und zwar immer dann, wenn die Neuronen aktiv sind, also “feuern”. Ziel des Neurofeedbacks ist, dass die Kinder lernen, bestimmte Aktivitäten, zum Beispiel impulsives Verhalten, zu unterdrücken und sich nach und nach immer länger zu konzentrieren. Die Verbesserungen der Konzentration und eine Verminderungen des impulsiven Verhaltens von insbesondere Kindern mit ADHS soll so auf Dauer ohne eine zusätzliche Gabe von Medikamenten erreicht werden.
ADHS Neurofeedback bietet Chancen und hat Grenzen
In mehreren Studien, zum Beispiel am Institut für Medizinische Psychologie der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Nijmegen, wurde nachgewiesen, dass Neurofeedback positive Auswirkungen auf ADHS, insbesondere die Symptome Impulsivität und Unaufmerksamkeit, hat.
Im Hinblick auf das Kernsymptom Hyperaktivität konnten lediglich mittlere Effekte nachgewiesen werden. Insgesamt wird Neurofeedback als weiterer, aber nicht alleiniger, Baustein in der ADHS Therapie weitgehend akzeptiert. Die Gabe von Medikamenten kann das Neurofeedback in Einzelfällen ersetzen. Häufig ist eine Reduzierung möglich.
Pro und Contra ADHS Neurofeedback
Das spricht eher für Neurofeedback & ADHS |
Das spricht eher gegen Neurofeedback & ADHS |
Bisher keine schädlichen Nebenwirkungen nachgewiesen. |
Die nicht unerheblichen Kosten von ca. 50 € pro Stunde werden nicht immer (aber immer öfter) von Krankenkassen übernommen. |
Wirksamkeit bei ADHS weltweit in mehreren Studien anerkannt. |
Anbieter sind nicht leicht zu finden. |
Spielerisches Training über einen begrenzten Zeitraum. |
Als ein Baustein in der ADHS Therapie kann es oft nicht die Gabe von Medikamenten ersetzen. |
Kinder lernen aktiv ihre Aktivitäten zu steuern und zu kontrollieren. |
Die Langzeitwirkung ist noch nicht ausreichend nachgewiesen. |
Medikation mit Rit. und co kann durch Neurofeedback ersetzt werden. |
Der gewünschte Effekt tritt erst nach ca. 30 Sitzungen ein. |
Was passiert in der Therapie?
In einer Neurofeedbacksitzung versuchen die Kinder alleine durch ihre Gedanken Ereignisse auf einem Computermonitor zu steuern. Damit das funktioniert, sind auf ihrem Kopf Elektroden befestigt, die ihre Gehirnströme aufzeichnen und auf einem zweiten Bildschirm (oder direkt neben dem Konzentrationsspiel) „live“ abbilden. Die Kinder werden also dazu aufgefordert, sich willentlich zu konzentrieren, um die erwünschten Ereignisse auf dem Bildschirm auszulösen. Bricht ihre Konzentration ungewollt ab, stoppt die Anwendung auf dem Bildschirm. Die Spiele machen den meisten Kindern Spaß. Es geht beispielsweise darum…
- …dass ein Torwart eine Ball abfängt, der durch die Konzentration des Kindes auf einer bestimmten Bahn gehalten wird.
- … verschiedenfarbige Käfer an Seilen herauf klettern, solange die Konzentration stark ist. Lässt sie nach fällt der jeweilige Käfer herunter und muss von vorne anfangen.
- … dass ein Film abgespielt wird. Lässt die Konzentration nach, stoppt der Film oder die Bilder werden unscharf.
- … dass ein U-Boot abwechselnd auf- und abtaucht.
Ist ADHS Neurofeedback eine Therapiemöglichkeit für Ihr Kind?
Checkliste ADHS Neurofeedback |
Ja |
Nein |
Ist Ihr Kind schon im schulfähigen Alter, also circa 6 Jahre alt? | ||
Hat Ihr Kind starke Konzentrationsschwierigkeiten? | ||
Hat Ihr Kind eine AD(H)S Diagnose? | ||
Möchten Sie neue Therapien ausprobieren, um eventuell auch die Gabe von Medikamenten zu reduzieren? | ||
Reagiert Ihr Kind sehr impulsiv? | ||
Sind Ihrem Kind 2 Trainingstermine pro Woche über ca. 20 Wochen zuzumuten? | ||
Würde Ihr Kind das Neurofeedback aktiv mittragen? Ohne willentliche Anstrengung ist es wirkungslos. | ||
Wären Sie bereit, die Kosten für die Therapie eventuell selbst zu tragen? | ||
Wären Sie bereit, eventuell lange Anfahrtswege 2mal wöchentlich in Kauf zu nehmen? | ||
Sind Sie bereit, die erlernten Strategien zuhause weiter zu unterstützen? |
Auswertung: Anders als die Gabe eines Medikemantes wie Rit. oder Medikinet wirkt das Neurofeedback nicht sofort. Geduld und Durchhaltevermögen sind sowohl bei Ihnen als auch bei Ihrem Kind notwendig, um die positiven Wirkungen dieser Methode zu erfahren. Wenn Sie also mehr als die Hälfte der 10 Fragen mit Nein beantwortet haben, sollten Sie davon die Finger lassen.
Hier finden Sie qualifizierte Trainer
Auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback www.dgbfb.de finden Sie im linken Menue eine Rubrik „Therapeutensuche“. Hier sind Einrichtungen aufgelistet, bei denen Neurofeedback angeboten wird. Es handelt sich dabei unter anderem um Ergotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Orthopäden, Heilpraktiker oder Allgemeinmediziner. Bei Interesse sollten Sie sich eine Praxis in Ihrer Nähe aussuchen und im persönlichen Gespräch klären, ob die Behandlung bei Ihrem Kind sinnvoll und durchführbar ist.
In diesen Fällen zahlt die Kasse
Da Neurofeedback inzwischen in der Therapie von ADHS einen gewissen Ruf genießt, übernehmen manche Krankenkassen auf Antrag die Kosten für die Behandlung. Eine regelrechte Kassenleistung ist die Methode allerdings nicht. Achtung: Stellen Sie den Antrag bei Ihrer Kasse vor der Behandlung! Wenn Sie Neurofeedback unbedingt ausprobieren möchten, sollten Sie sich auf eine Dauer von rund 30 Sitzungen einstellen. So lange dauert es, bis Ihr Kind Erfolge in seinen Konzentrationsleistungen zeigt. Eine Behandlungsstunde dauert mit Vor- und Nachbereitung circa eine Stunde. Die einzelnen Anbieter verlangen dafür zwischen 60 und 100 €. Bis das Neurofeedback Ihrem Kind hilft, kommen so locker 2000 bis 3000 € zusammen.
So sieht die Therapie in der Regel aus
Anfangs ist es sinnvoll, in der Woche 3 Sitzungen durchzuführen. Später kann die Therapie auf ein oder zweimal pro Woche begrenzt werden. Einige Therapeuten betonen, dass Immer wieder auch therapiefreie Wochen eingelegt werden, damit sich das Gelernte in dieser Zeit festigen kann.