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In der heutigen Bildungsdebatte ist „individualisiertes Lernen“ ein echtes Trendthema. Viele Schulen werben damit, Lerninhalte auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes anzupassen – personalisierte Aufgaben, selbstgesteuertes Lernen und digitale Lernplattformen sollen dabei helfen. Doch was passiert, wenn diese gut gemeinte Idee nach hinten losgeht?
Was Eltern über personalisiertes Lernen wirklich wissen sollten
Der Bildungsforscher John Hattie, bekannt durch seine weltweit beachteten Studien zur Wirksamkeit von Unterricht, warnt nun genau davor. In einem aktuellen Beitrag im Deutschen Schulportal kritisiert er, dass Individualisierung oft falsch verstanden wird – und damit das Gegenteil bewirkt: weniger Lernerfolg.
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Was meint John Hattie mit „falsch verstandener Individualisierung“?
Hattie beobachtet, dass viele Schulen versuchen, Lernprozesse komplett an das individuelle Tempo und den Stil der Kinder anzupassen. Doch dabei wird häufig übersehen, dass Lernen ein sozialer Prozess ist. Wenn Kinder allein und auf sich gestellt lernen, ohne klare Ziele, Feedback und Austausch, dann kann das zu Überforderung, Orientierungslosigkeit und letztlich zu Frustration führen.
Hatties zentrale Botschaft: Es geht nicht darum, dass jedes Kind seinen eigenen Lernweg allein finden muss – sondern darum, wie gut Lehrkräfte dabei unterstützen, diesen Weg zu gestalten. Individualisierung darf nicht heißen: „Mach du mal!“ Vielmehr braucht es eine kluge Balance aus gemeinschaftlichem Lernen, gezielter Diagnostik und individueller Förderung.

Was bedeutet das für dich als Elternteil?
Viele Eltern sind begeistert, wenn sie hören, dass ihr Kind „individualisiert“ unterrichtet wird. Schließlich klingt das nach Fürsorge und moderner Pädagogik. Doch du solltest genauer hinsehen:
- Wie viel Unterstützung bekommt dein Kind beim selbstgesteuerten Lernen?
- Gibt es regelmäßiges Feedback von der Lehrkraft – oder verschwindet dein Kind im System?
- Findet Lernen überwiegend allein oder im Austausch mit anderen statt?
Kinder brauchen beides: individuelle Zuwendung und gemeinsame Lernprozesse. Nur dann erleben sie Bildung als etwas Sinnvolles, das sie stärkt – nicht überfordert.
Warum Eigenverantwortung allein nicht reicht
Ein besonders kritischer Punkt ist die sogenannte „Selbststeuerung“. Viele Schulen erwarten, dass Kinder eigenständig ihre Aufgaben planen, erledigen und reflektieren. Doch dafür fehlt gerade jüngeren Schülern oft noch die nötige Reife. Ohne Anleitung und Struktur verlieren sich viele in Nebensächlichkeiten – oder schalten ganz ab.
John Hattie nennt das eine gefährliche Fehlentwicklung: „Wenn wir Kindern nur digitale Aufgaben geben und hoffen, dass sie sich selbst motivieren, dann haben wir unsere Aufgabe als Pädagogen verfehlt.“
Hier ist deine Rolle als Mutter oder Vater besonders gefragt: Stelle sicher, dass dein Kind weiß, warum es etwas lernt – und dass es sich nicht alleingelassen fühlt. Vielleicht testest du mal das Mentaltraining?
So erkennst du gute Individualisierung
Gute Individualisierung bedeutet nicht: Jeder macht etwas anderes. Sondern: Jeder wird gesehen. Lehrkräfte müssen erkennen, wo dein Kind gerade steht – fachlich und emotional. Daraus ergeben sich passende Aufgaben, aber auch gezielte Unterstützung.
Ein guter Unterricht ist wie ein gut geleitetes Orchester: Alle spielen unterschiedliche Instrumente, aber die Musik entsteht im Zusammenspiel.
Hier eine Übersicht zur Unterscheidung:
| Schlechte Individualisierung | Gute Individualisierung |
|---|---|
| Kind lernt allein mit digitalen Tools | Kind bekommt Aufgaben und Feedback |
| Keine Rückmeldung der Lehrkraft | Regelmäßige Gespräche über Lernfortschritt |
| Lernziele unklar | Klare, erreichbare Ziele |
| Viel Eigenverantwortung, wenig Struktur | Strukturierte Hilfestellung |
| Kein Austausch mit anderen | Gemeinsames Lernen als Teil des Unterrichts |
Übungsaufgabe: Finde die Balance
Aufgabe: Stelle dir vor, dein Kind soll ein Referat vorbereiten. Welche Aspekte des Lernens können es selbst übernehmen – und wo braucht es Unterstützung?
Lösungsschritte:
- Selbst übernehmen: Thema wählen, Gliederung entwerfen, erste Recherche
- Mit Unterstützung: Feedback zur Struktur einholen, Zeitplan erstellen
- Gemeinsam üben: Präsentation proben, Fragen beantworten
Fazit: Selbstständigkeit ist wichtig – aber nicht ohne Leitung. Dein Kind lernt dann am besten, wenn es eigenständig denken und sich auf verlässliche Unterstützung verlassen kann.
Fazit: Die Mischung macht’s
Individualisierung darf nicht heißen, dass Kinder sich ihren Weg allein durch den Lern-Dschungel schlagen. Vielmehr brauchen sie einen erfahrenen Lern-Coach – eine Lehrkraft, die weiß, wann sie führt, wann sie loslässt und wann sie begleitet.
Eltern sollten bei der Schulwahl und in Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern genauer hinschauen: Wie wird Individualisierung konkret umgesetzt? Und: Fühlt sich mein Kind gesehen?
Denn guter Unterricht beginnt mit guter Beobachtung – nicht mit einer Software.
Quellen:

















