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Kurz gesagt: Das Churer Modell macht aus dem Klassenzimmer eine Lernlandschaft. Statt langer Frontalphasen gibt es kurze Inputs im Sitzkreis, differenzierte Lernangebote und viel Eigenverantwortung. Ziel ist Binnendifferenzierung, also Lernen auf verschiedenen Niveaus innerhalb einer Klasse – inklusiv, motivierend und nah am Kind.

Was genau ist das Churer Modell?
Das Churer Modell wurde in der Schweiz entwickelt (Stadt Chur; Reto Thöny) und stellt vier Leitgedanken in den Mittelpunkt:
- Binnendifferenzierung ist möglich und motivierend.
- Der Raum wirkt als „dritter Pädagoge“.
- Kurze Inputphasen schaffen mehr Lernzeit.
- Einfache, aber konsequente Umsetzung – mit Raum für die Persönlichkeit der Lehrkraft. churermodell.ch
Konkret im Alltag:
- Sitzkreis statt Tafel-Zentrierung für knackige Inputs (ca. 10–15 Min.), danach arbeiten die Kinder selbstständig oder kooperativ weiter.
- Lernlandschaft statt Bankreihen: flexible Plätze (Stehpulte, Bodenmatten, Einzellernplätze, Gruppeninseln), klar strukturierte Zonen, Beratungstische.
- Aufgaben auf verschiedenen Niveaus mit Wahlmöglichkeiten und Verantwortung für den eigenen Weg.
Warum das für Eltern wichtig ist? Weil Motivation, Selbstvertrauen und Lernfreude steigen, wenn Kinder passende Aufgaben, echte Wahlrechte und Bewegungsspielräume bekommen.
Vorteile für dein Kind – was Eltern typischerweise beobachten
- Mehr Selbstständigkeit & Eigenverantwortung: Kinder planen, priorisieren und reflektieren ihr Lernen.
- Passung statt Pauschaltempo: Wer mehr Übung braucht, bekommt sie – wer schneller ist, vertieft.
- Besseres Klassenklima: Transparente Regeln, Rituale, Teamarbeit und Helfersysteme stärken die Gemeinschaft.
- Inklusion im Alltag: Förderung findet im Klassenverband statt, nicht nebenan im „Extraraum“.
Die Fachliteratur und praxisnahe Portale betonen genau das: individuelle Förderung innerhalb der Klasse und Anschlussmöglichkeiten für alle.
„Klingt super – gibt’s das auch in Deutschland?“
Ja! Das Churer Modell ist kein flächendeckender Standard, aber zahlreiche Schulen in verschiedenen Bundesländern setzen es bereits voll oder in Anlehnung um – häufig beginnend mit einzelnen Klassen oder Jahrgängen, oft begleitet von Fortbildungen.
Konkrete Beispiele (Auswahl, bundesweit)
- Niedersachsen (Göttingen): Hagenbergschule – arbeitet seit 2022/23 in Anlehnung an das Churer Modell; die Schule wird regional als Beispiel genannt.
- Hamburg: Grundschule Bindfeldweg – veröffentlicht ein eigenes Infopaper „Das Churer Modell“ (01.12.2024) und verankert die Grundideen sichtbar im Schulprofil.
- Nordrhein-Westfalen (Menden): Josefschule – führt die Klassenraumgestaltung nach dem Churer Modell schrittweise in mehreren Klassen ein.
- Bayern (Diedorf): Grund- und Mittelschule Diedorf – mehrere Klassen arbeiten nach dem Modell, mit detaillierter Darstellung (z. B. EVA-Plan).
- Bayern (Weisingen): Grund- und Mittelschule am Aschberg – setzt seit 2017/18 verstärkt auf das Churer Modell.
- Bayern (München): GS an der Schrobenhausener Straße – verankert das Churer Modell im Lernhauskonzept der Schule.
- Bayern (Mühldorf): Mittelschule Mühldorf – weihte ein Churer-Modell-Zimmer ein, mit klarer Raum- und Unterrichtsstruktur.
Darüber hinaus zeigen Fortbildungsangebote (z. B. BLLV in Bayern) die zunehmende Verbreitung und Übertragbarkeit auf deutsche Rahmenbedingungen – wichtig, weil nicht jede Schule sofort komplett umstellt.
Zwischenfazit: In Deutschland gibt es zunehmend Schulen (Grundschulen, teils auch Mittel-/Gemeinschaftsschulen), die das Churer Modell ganzheitlich oder in Elementen umsetzen – bundesweit verteilt und wachsend durch Fortbildungen und Schulentwicklungsprozesse.
Woran erkennst du eine „Churer-Klasse“?
Schau beim nächsten Elternabend gezielt auf diese Erkennungsmerkmale:
- Sitzkreis: Der Unterricht startet mit einem kurzen Input im Kreis, danach öffnet sich die Arbeitsphase.
- Lernlandschaft: Verschiedene Arbeitsorte statt „Tafel-Front“. Steh-, Sitz- und Bodenplätze; Sichtschutz-Nischen zum ruhigen Arbeiten.
- Binnendifferenzierte Aufgaben: Lernangebote in unterschiedlichen Niveaustufen, oft mit Wochenplan/Arbeitsplan.
- Beratungstisch & Coaching: Lehrkräfte begleiten als Lerncoaches, beobachten, beraten, geben Feedback.
- Transparente Regeln & Rituale: Damit Eigenverantwortung nicht zu Chaos wird, sind Abläufe klar und eingeübt.
Häufige Elternfragen – kurz & klar
„Lernen die Kinder noch genug Stoff?“
Ja. Kurze, fokussierte Inputphasen ersetzen nicht die Erklärungen, sondern entdichten sie. Dadurch entsteht mehr aktive Lernzeit, die Kinder nutzen, um Inhalte in passender Tiefe zu bearbeiten.
„Ist das nicht nur ‚freies Herumlungern‘?“
Nein. Der Raum ist pädagogisch gestaltet; Regeln, Rituale und klare Aufgabenformate sorgen für Struktur. Gleichzeitig lernen Kinder, ihr Lernen zu steuern – eine Schlüsselkompetenz.
„Hilft das auch Kindern mit Förderbedarf – oder nur den Starken?“
Gerade Binnendifferenzierung macht inklusive Förderung im Klassenverband möglich. Starke wie schwächere Kinder bekommen Anschlussmöglichkeiten.
„Gibt es Belege aus Deutschland?“
Ja – zahlreiche Schulseiten dokumentieren Umsetzung und Erfahrungen; Fortbildungsanbieter (z. B. BLLV) tragen die Ideen in die Breite.
So sprichst du mit der Schule darüber (Eltern-Checkliste)
Wenn du möchtest, dass deine Schule Elemente des Churer Modells prüft oder ausbaut, helfen diese Fragen:
- Rahmen & Haltung: Stehen individuelle Förderung, Inklusion und Lernfreude im Schulprogramm? (Hinweis auf Passung)
- Raum & Ausstattung: Gibt es flexible Möbel, Rückzugsorte, Beratungstisch, Materialinseln?
- Methodik: Wie werden Inputs im Sitzkreis und Arbeitsphasen strukturiert? Welche Feedback-Formate gibt es?
- Fortbildung: Nutzt das Kollegium Weiterbildungen zum Churer Modell (z. B. BLLV, Online-Workshops, Schulcoaching)?
- Transparenz: Gibt es Elterninfos (z. B. auf der Schulwebsite) mit Beispielen aus dem Unterricht? – Das ist oft ein gutes Zeichen.
Schritt für Schritt: Wie Schulen in Deutschland umstellen
Viele Schulen starten klein – z. B. mit einer Klasse oder einem Jahrgang – und weiten das Konzept aus:
- Pilotphase: Eine Klasse gestaltet Raum und Ablauf um, evaluiert Effekte (Lernruhe, Motivation, Lernergebnisse).
- Kollegiale Hospitation: Lehrkräfte besuchen sich gegenseitig, sammeln Good Practice.
- Fortbildungen & Coaching: Externe Inputs, Hospitationen, Praxis-Workshops (z. B. BLLV).
- Skalierung: Aus der Pilotklasse wird ein Schulkonzept – sichtbar in Website-Beiträgen, Raumplänen, Materialkonzept.
Typische Stolpersteine – und wie die Schule sie lösen kann
- „Nur Möbel umstellen“ reicht nicht. Es geht um Didaktik plus Raum plus Kultur. Fortbildung hilft, die Balance zwischen Struktur und Freiheit zu halten.
- Ressourcenfrage: Flexible Möbel und Zonen brauchen Budget & Planung – viele Schulen beginnen modular.
- Elternkommunikation: Gute Transparenz (Elternabende, Fotos/Erklärtexte) baut Vertrauen auf.
Seriöse Quellen & weiterführende Infos
- Offizielle Churer-Seite (Konzept, Elemente, Weiterbildung – inkl. Angebote für Deutschland/Online): churermodell.ch+3churermodell.ch+3churermodell.ch+3
- IQES online (Unterrichtsentwicklung/Binnendifferenzierung) – Einordnung und Merkmale: IQES+1
- Friedrich Verlag – Impulse zum Lernraum, kurze Inputphasen: Friedrich Verlag
- Beispielschulen in Deutschland (Auszug):
- Hagenbergschule Göttingen (NI): hagenbergschule.de
- Grundschule Bindfeldweg, Hamburg: grundschule-bindfeldweg.hamburg.de
- Josefschule Menden (NRW): josefschule-menden.de
- GMS Diedorf (BY): gmsdiedorf.de
- GMS am Aschberg, Weisingen (BY): aschbergschule.de
- GS Schrobenhausener Straße, München (BY): schrobi.edupage.org
- Mittelschule Mühldorf (BY): mittelschule-muehldorf.de
- Fortbildungen in Deutschland (z. B. BLLV): BLLV
- Aktuelle Berichterstattung (Anschauliche Einblicke ins Setting mit Sitzkreis, Rollboxen, Lernzonen): FR.de
Spannend für dein Kind?
Das Churer Modell ist kein Modetrend, sondern eine konsequente Antwort auf die Frage: Wie können Kinder in heterogenen Klassen gut, gesund und motiviert lernen? Die Mischung aus klarem Rahmen, kurzen Inputs, differenzierten Aufgaben und einer klugen Lernraumgestaltung stärkt Selbstvertrauen, Teamfähigkeit und Lernfreude. In Deutschland findest du bereits zahlreiche Schulen, die ganz oder in Teilen nach dem Churer Modell arbeiten – von Niedersachsen über Hamburg und NRW bis Bayern.
Wenn du neugierig bist, wie es bei euch aussieht: Frag nach Sitzkreis-Inputs, Lernlandschaften, Beratungstischen, Wochenplänen und Fortbildungen. Genau dort beginnt der Wandel – und genau dort profitieren Kinder spürbar.