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„Schulverweis“ ist ein beängstigender Begriff – für SchülerInnen, Eltern und Lehrkräfte gleichermaßen. Er klingt nach einem endgültigen Aus, nach dem Rauswurf aus der Schule. Doch was steckt genau dahinter? Wie konkret dürfen Schulen reagieren, und wo liegen die Grenzen? In diesem Artikel beleuchte ich aus der Perspektive eines erfahrenen pädagogischen Experten, welche Voraussetzungen bei Ordnungsmaßnahmen erfüllt sein müssen, welche Rechte die Betroffenen haben – und wie man sich sinnvoll verhält, wenn ein Schulverweis droht.
Was ist ein Schulverweis?
Wenn du von einem Schulverweis sprichst, meinst du meist den dauerhaften Ausschluss eines Schülers oder einer Schülerin von einer Schule – also, dass dieser die Schule verlassen und womöglich an einer anderen Schule weitergeführt werden muss. Bußgeldkatalog+2ordnungsmassnahmen-schule.de+2
Manchmal wird der Begriff auch breiter gebraucht, und dann meint er auch vorübergehende Maßnahmen wie Unterrichtsausschluss oder schriftliche Verweise – streng genommen sind diese aber andere Ordnungsmaßnahmen, nicht der Schulverweis im engeren Sinne.
Ein formeller Schulverweis ist eine der schärfsten Maßnahmen, die eine Schule treffen kann.
Welche Ordnungsmaßnahmen gibt es – und wo liegt der Unterschied?
Bevor der Schulverweis ins Spiel kommt, greifen in der Praxis verschiedene Stufen der Disziplinierung und Ordnungsmaßnahmen – häufig in abgestufter Form:
| Maßnahme | Charakter / Wirkung | Wann üblich? / Zweck |
|---|---|---|
| Erzieherische Maßnahmen | Gespräch, Ermahnung, Verwarnung, Nacharbeit etc. | Erste Schritte, um Konflikte zu regulieren |
| Schriftlicher Verweis | Offizielle Missbilligung des Verhaltens | Bei wiederholtem Fehlverhalten |
| Unterrichtsausschluss / Suspension | Vorübergehender Ausschluss aus dem Unterricht | Bei schwerwiegenden Verstörungen |
| Androhung des Schulverweises | Warnung vor einem möglichen späteren Verweis | Um Vorwarnwirkung zu entfalten |
| Schulverweis (dauerhafter Ausschluss) | Schüler:in muss Schule verlassen, meist dauerhafte Maßnahme | Bei gravierendem Fehlverhalten |
Wichtig: In vielen Bundesländern gilt: Erst wenn mildere Maßnahmen ausgeschöpft wurden und das Verhalten weiterhin problematisch ist, darf man zu härteren Sanktionen greifen.
Auch der Unterrichtsausschluss (also der temporäre Ausschluss von einer oder mehreren Stunden, Tagen) ist häufig gesetzlich limitiert und an Bedingungen geknüpft.
Wann darf ein Schulverweis ausgesprochen werden?

Nicht jede Regelverletzung rechtfertigt einen Schulverweis. Hier sind zentrale Kriterien:
1. Schwerwiegendes Fehlverhalten
Ein Schulverweis soll nur bei besonders gravierenden Fällen angewendet werden, z. B.:
- Körperliche Gewalt gegen MitschülerInnen oder Lehrkräfte
- Sexuelle Übergriffe
- Drogenhandel oder schwerwiegende Verstöße gegen Betäubungsmittelgesetze
- Andauerndes massives Stören des Unterrichts trotz vorheriger Maßnahmen
- Grobes Mobbing oder psychische Gewalt
2. Verhältnismäßigkeit
Die Maßnahme darf nur dann eingesetzt werden, wenn mildere Mittel nicht ausreichen und der Schulverweis verhältnismäßig ist.
3. Verfahren & Anhörung
Bevor ein Schulverweis rechtswirksam wird, müssen betroffene SchülerInnen und Eltern in der Regel angehört werden – sie dürfen ihre Sichtweise darlegen.
In manchen Schulen oder Bundesländern muss eine Klassen- oder Lehrerkonferenz entscheiden.
4. Aufnahme an anderer Schule muss möglich sein
Wenn Schulpflicht besteht, darf der Schulverweis nicht dazu führen, dass das Kind schulfrei bleibt. Deshalb muss im Anschluss eine neue Schulaufnahme gesichert sein.
Wenn keine geeignete Schule aufgenommen hat, kann der Verweis unter Umständen nicht vollzogen werden.
Begriffliche Unsicherheit: Verweis vs. Schulverweis
In der schulischen Praxis wird häufig ungenau mit Begriffen umgegangen. Nicht jeder „Verweis“ ist ein Schulverweis im vollen Sinne.
- Ein Verweis kann einfach eine erzieherische Maßnahme oder eine schriftliche Verwarnung sein, ohne dass jemand die Schule verlassen muss.
- Der Begriff Schulverweis hingegen zielt oft auf den Ausschluss aus der Schule.
- In manchen Bundesländern und Bundesregionen werden diese Begriffe regional unterschiedlich verwendet. Ein Schüler schildert z. B. in einem Forum:
„Im Norden Deutschlands spricht man von Schulverweis wenn man der Schule verwiesen wird … im Süden … ist ein Schulverweis eher ein Blauer Brief.“ Reddit
Deshalb ist es wichtig, genau zu unterscheiden, was im konkreten Fall gemeint ist.
Beispiele aus der Rechtspraxis
Ein aktuelles Urteil aus Nordrhein-Westfalen verdeutlicht Grenzen und Chancen: Ein Schüler erhielt einen schriftlichen Verweis wegen Mobbings auf seiner Schule. Er klagte gegen diesen Verweis – konnte jedoch keinen ausreichenden Nachweis erbringen, dass die Maßnahme seine schulische Laufbahn negativ beeinflusste. Das Gericht wies seine Klage ab.
Solche Fälle zeigen: Auch bei Ordnungsmaßnahmen ist oft entscheidend, ob konkrete Folgen für Schüler:innen nachgewiesen werden können.
Präventive Strategien – wie man einen Schulverweis verhindert
Aus der Sicht von Eltern und Pädagog:innen ist es meist besser, frühzeitig gegenzusteuern:
- Frühwarnsysteme etablieren
Wenn Störungen oder Konflikte früh erkannt werden, können Interventionen erfolgen – bevor sie eskalieren. - Individuelle Ursachen klären
Oft stecken hinter Verhaltensproblemen Faktoren wie familiäre Belastungen, psychische Probleme oder Schulfrust. Diese müssen mitgedacht werden. - Sozialpädagogische Begleitung & Schulsozialarbeit
An vielen Schulen fehlt dieser Baustein – doch er kann Konflikte nachhaltig lösen und Eskalationen vorbeugen. Frage einen Schulpsychologen. - Klare Regeln & transparente Verfahren
Je klarer Regeln sind und je transparenter Disziplinprozesse ablaufen, desto weniger Raum für willkürliche Entscheidungen. - Kommunikation & Beteiligung
Schüler:innen sollten die Möglichkeit bekommen, sich einzubringen, Wünsche zu äußern und Regeln mitzugestalten.
Was tun, wenn der Schulverweis droht?
Wenn dir oder deinem Kind ein Schulverweis droht, ist schnelles und überlegtes Handeln gefragt:
1. Akzeptiere die Anhörung
Nutze das Recht, deine Sicht schriftlich oder mündlich darzustellen. Führe Belege, Zeug:innen oder Entschuldigungen an.
2. Prüfe formale Fehler
Manchmal werden Anhörungen übergangen, Fristen nicht gewahrt oder Entscheidungen ohne gesetzliche Grundlage getroffen – solche Fehler können einen Schulverweis rechtswidrig machen.
3. Widerspruch einlegen
Ein Schulverweis ist oft ein Verwaltungsakt – du kannst dagegen Widerspruch einlegen.
4. Klage vor dem Verwaltungsgericht
Wenn der Widerspruch abgelehnt wird, bleibt oft der Weg über die Justiz. Mit einem Eilantrag kann man manchmal eine Vollziehung stoppen.
5. Öffentlichkeitsdruck & Unterstützung
Manchmal hilft die Unterstützung durch Schulberatung, Presse, Elternvertretungen oder Anwälte.
Grenzen & kritische Betrachtung
Auch wenn Schulen Ordnungsmaßnahmen brauchen, gibt es kritische Aspekte:
- Soziale Problemlagen vernachlässigen
Ein Schulverweis wirkt wie Bestrafung – doch häufig liegt das Problem tiefer, z. B. in familiärer Belastung, psychischer Vielfalt oder Schulüberforderungen. - Ausschluss befördert Schulentfremdung
Längere Ausschlüsse können dazu führen, dass Schüler:innen sich vom Lernort Schule distanzieren. - Ungleichbehandlung & Stigmatisierung
Manche Schüler:innen erleben Disziplinmaßnahmen häufiger – das kann diskriminierend wirken. - Rechtsunsicherheit durch föderale Unterschiede
In Deutschland gelten je nach Bundesland unterschiedliche Schulgesetze, Verfahren und Grenzen. - Ressourcen der Schule
Wenn Schulen keine Sozialarbeiter:innen oder Beratungsstrukturen haben, wird nur mit Disziplin reagiert – mögliche Ursachen bleiben unberührt.
Handlungsempfehlungen für Eltern und Schüler:innen
- Bleib früh dran: Wenn Konflikte entstehen, sprich mit Lehrkräften, Schulsozialarbeit oder Beratungsstellen.
- Dokumentiere alles: Schriftwechsel, Gespräche, Vorfälle – das kann hilfreich sein bei Anhörung oder Widerspruch.
- Hole dir Unterstützung: Elternvertretung, Schulpsycholog:innen oder rechtliche Beratung können wichtig sein.
- Betone Lösungsorientierung: Zeig Bereitschaft zur Wiedergutmachung oder Verhaltensänderung – das kann mildernde Wirkung haben.
- Informiere dich über dein Schulrecht und das Schulgesetz deines Bundeslandes.
Beispiel für ein Fallszenario und Lösung
Fall:
Max (15 Jahre) wurde mehrfach im Unterricht störend, aggressiv gegenüber Mitschüler:innen, und es gab Drohungen. Lehrkräfte haben ihn mehrmals verwarnt, seine Eltern wurden einbezogen, eine Klassenkonferenz tagte. Trotzdem kam es erneut zu einem Vorfall. Die Schule spricht den Schulverweis aus.
Lösungsschritte (in deiner Rolle als Elternteil / betroffene:r Schüler:in):
- Anhören lassen: Du forderst sofort eine Anhörung und trägst deine Sicht schriftlich vor.
- Verfahrensprüfung: Du prüfst, ob alle Schritte – Verwarnungen, Anhörung, Zustimmung durch Konferenz – formal korrekt waren.
- Widerspruch einlegen: Innerhalb der gesetzten Frist (oft ein Monat) legst du Widerspruch ein.
- Beweise & Zeugen aktivieren: Falls möglich, bringe Zeugen in Stellung oder Beweise (z. B. Chatprotokolle).
- Eilantrag bei Gericht: Falls der Widerspruch abgelehnt wird, beantragst du beim Verwaltungsgericht, die Vollziehung des Verweises auszusetzen.
- Parallelplan Schule: Suche mit Hilfe der Schulaufsicht oder Behörde nach einer anderen geeigneten Schule als Rückfallebene.
Zusammenfassung Schulverweis
Schulverweis ist eine schwerwiegende Maßnahme mit weitreichenden Folgen – und darf nicht leichtfertig verhängt werden. Für Schüler:innen und Eltern ist es zentral, Verfahren zu kennen, Rechte zu nutzen und frühzeitig gegenzusteuern. Gleichzeitig muss jede Schule über angemessene Unterstützungsstrukturen verfügen, um Verhaltensprobleme zu verstehen und pädagogisch zu begleiten, bevor sie zur härtesten Sanktion greifen.
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