Tabu-Sätze: Sagen Sie das besser nicht zu Ihrem Kind!

Als zentrale Bezugsperson und wichtiges Vorbild hat das Verhalten von Müttern und Vätern immer Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Jedes Wort, jede ablehnende Geste, jede Umarmung und jede Diskussion hat einen mehr oder weniger starken Einfluss auf das Kind. Dabei sind manche Sätze von Eltern bedeutender als andere und richten unter Umständen sogar richtig Schaden an. Das bedeutet aber nicht, dass Eltern jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, bevor sie sich äußern. In den meisten Situationen ist der Kontakt zwischen Eltern und Kindern von Zuneigung und gegenseitigem Respekt geprägt. Allerdings können Tabu-Sätze schweren Schaden anrichten – lebenslang.

Tabu-Sätze bleiben haften – oft lebenslang

Können Sie sich noch an bestimmte Aussagen oder  Ausrufe Ihrer Eltern erinnern? An starke Leitsätze, ungerechte Vorwürfe oder unbewiesene Behauptungen, die Sie selbst als Erwachsener nicht vergessen haben? Manche davon haben Ihr Leben bereichert, aber andere ärgern Sie vielleicht heute noch oder blockieren oder hemmen als sogenannte Bannbotschaften wichtige Entscheidungen. Das möchten Sie bei Ihrem Kind gerne vermeiden? Schließlich soll es selbst bestimmt und selbstbewusst sein und bleiben.

Tabu-Sätze können großen Schaden anrichten

Besonders bei Konflikten aufpassen!

Im Zusammenleben gibt es allerdings auch Konflikte, Enttäuschungen und Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kind. In solchen Situationen besteht die Gefahr, dem eigenen Kind etwas zu sagen, was es in seiner Entwicklung negativ beeinflussen kann. Meist sind solche Tabu-Sätze gar nicht so gemeint. Den Eltern ist oft nicht klar, was sie bewirken können. An ein paar Beispielen möchten wir Ihnen das verdeutlichen.

5 Situationen, in denen Sie mit Tabu-Sätzen wirklich aufpassen müssen

Wenn die Emotionen hoch schlagen und Ärger, Zorn oder Wut im Spiel sind, sagen auch Eltern manchmal Dinge, die sie besser vermieden hätten. Solche Tabu-Sätze oder können dazu führen, dass Kinder sich vieles nicht mehr zutrauen. Die Aussprüche der übermächtigen Eltern wirken dann möglicherweise ein Leben lang als Erfolgsverhinderer, obwohl das meistens so überhaupt nicht beabsichtigt war. Lesen Sie in den folgenden Beispielen, wie solche entmutigenden Botschaften ein Kind blockieren können.

Tabu-Sätze
Was habe ich falsch gemacht?

1. Unrealistische Erwartungen

Leroy ist ein durchschnittlich begabter Junge, der mit vertretbarem Aufwand in seinen Arbeiten Noten zwischen 2 und 4 mit nach Hause bringt. Er ist beliebt, kein Außenseiter und an vielem interessiert. Für den Übertritt auf das Gymnasium reicht das nicht ganz. Das wollen seine Eltern nicht akzeptieren und versuchen, ihr Kind anzuspornen.

Tabu-Satz:

„Du könntest viel, viel besser sein, wenn du dich nur anstrengen würdest. So ein kluger Junge wie du schafft es doch aufs Gymnasium.“

Auswirkungen auf Leroy:

Er ist verunsichert und sucht die Schuld für seine mittelmäßigen Noten bei sich. Ständig hat er das Gefühl, sich nicht genug anzustrengen. Wenn er für eine Arbeit lernt, weiß er nicht, wann es genug ist. Der realistische Blick auf sein Leistungspotenzial bleibt ihm verstellt.

Besser wäre:
„Mit deinen soliden Notenkannst du es auf der Realschule weit bringen und später eventuell noch das Abitur machen.“
Durch ein klärendes Gespräch mit der LehrerIn oder durch einen Leistungstest können Eltern recht gut klären, welches Potenzial im Kind steckt. Daran müssen sich dann auch die Erwartungen orientieren.

2. Übertragung eigener Gefühle auf das Kind

Die Familie möchte am Wochenende gemeinsam etwas unternehmen. Doch jeder hat andere Wünsche. Am Ende kann sich die Familie nicht zwischen einem Schwimmbadbesuch und einer Radtour entscheide. Nach einer Diskussion entscheiden sie sich für beide Vorhaben, nacheinander. Damit ist aber keiner der beiden so richtig glücklich und die Stimmung ist getrübt. Als Leon dann anfängt zu trödeln und noch ein Spiel beenden möchte, gibt es Streit, weil die Eltern schnell los wollen. b

Tabu-Satz:
Du bist schuld daran, dass ich mich jetzt mit Papa / Mama so streite.“

Auswirkungen auf das Kind:

Leon hat sich nicht anders verhalten als sonst auch. Durch die eingetrübte Stimmung wird dieses Verhalten aber zum Streitauslöser der Eltern. Diese gestehen sich den faulen Kompromiss nicht ein, sondern schieben die Schuld auf Leon. Der Junge könnte sich künftig oft schuldig fühlen, wenn seine Eltern sich streiten.

Besser wäre:
„Der Tag ist wirklich blöde gelaufen, daran sind wir alle irgendwie Schuld.“
Das Eingeständnis des eigenen Fehlverhaltens hat entspannende Auswirkungen auf die ganze Familie. Die unglückliche Entwicklung kann als einmaliges Ereignis abgehakt werden, und Niemandem wird daran alleine die Schuld zugeschoben.

3. Kein Zutrauen in das Kind

 Frieda möchte mit ihrer Freundin Mara ins Kinderballett. Weil Frieda aber ein sehr impulsives Mädchen ist, das ständig etwas Neues ausprobieren will, lehnen die Eltern ab. Sie können sich nicht vorstellen, dass Bianca die Anforderungen des Kinderkurses bewältigt.

Tabu-Satz:

„Das brauchst du gar nicht erst zu probieren, das schaffst du sowieso nicht.“

Auswirkungen auf das Kind:

Obwohl Frieda vermutlich nicht lange dabei bleiben wird, möchte sie es im Ballett probieren. Das ist lobenswert und die einzige Möglichkeit, ihre Ausdauer auf Dauer zu verbessern. Dieses von Frieda selbst gewählte „Training“ blockieren die Eltern durch ihre negative Sichtweise. Das könnte dazu führen, dass Frieda künftig lieber auf neue Herausforderungen verzichtet, weil sie glaubt, diese sowieso nicht bewältigen zu können. Ihre Entwicklung ist blockiert.

Besser wäre:
„Das kannst du ausprobieren, aber lass uns mal zusammen überlegen, wie das am besten klappen kann. Du weißt ja, dass dir das Durchhalten etwas schwer fällt.“

Dem Kind wird die Idee nicht ausgeredet, aber die Problematik auch nicht verleugnet. Gemeinsam können Hilfen erdacht werden, die das Durchhalten leichter machen.

4. Negative Eigenschaften übertragen

Zoe hat einen Eintrag im Hausaufgabenheft, weil sie vergessen hat, ihren Eltern ein Schreiben der Schule auszuhändigen. Die Mutter liest den Eintrag kopfschüttelnd.

Tabu-Sattz:

„Schon wieder was für die Schule vergessen? Dein Papa ist auch total unorganisiert, das hast du von ihm. Da kann man nichts machen.“

Auswirkungen auf das Kind:

Zoe hat jetzt eine super Erklärung für ihre Vergesslichkeit. Da der Vater ebenfalls dieses Problem hat, kann sie selber ja nichts dafür. Künftig muss sie also auch keine Energie mehr darauf verwenden, sich Dinge besser zu merken. Sie sieht keinen Sinn mehr darin, ihr Verhalten zu korrigieren.

Besser wäre:
„Da auch dein Vater einige Probleme mit der Organisation hat, sollten wir uns dazu eine Hilfe überlegen. Mit einem Familienplaner wäre euch beiden vielleicht geholfen.“

Problem erkannt – Lösungsmöglichkeit erörtert. So können Kinder lernen, ihre Verhaltensweisen zu akzeptieren und sie positiv zu verändern.

5. Geschwister ungerecht behandeln

Finn und Emma sind nur ein Jahr auseinander. Emma fällt das Lernen sehr leicht, sie schreibt nur gute Noten und ist eine Musterschülerin. Finn hat es schwerer, aber er strengt sich an und hält mit dem Klassendurchschnitt mit. Obwohl er für seine Leistungen viel mehr lernt als seine Schwester, wird diese stets gelobt. Finn bekommt immer nur zu hören, dass Emma das besser kann.

Tabu-Satz:

„Du liest ja schon ganz gut, aber deine Schwester Emma konnte in der 2. Klasse schon richtig dicke Bücher lesen. Sie ist so klug und hat das ganz ohne Hilfe geschafft.“

Auswirkungen auf das Kind:

Finn wird stets um die Anerkennung kämpfen, die seiner Schwester so einfach zufällt. Eine Zeitlang wird Finn zu seiner großen, klugen Schwester aufblicken und sie als Vorbild akzeptieren. Wenn er allerdings merkt, dass er dieses hohe Ziel trotz aller Anstrengungen nicht erreichen kann, wird er aufgeben. Wahrscheinlich wird Finn einen anderen, nicht immer positiven, Weg suchen, die Anerkennung seiner Eltern zu erlangen.

Besser wäre:

„Du und deine Schwester sind sehr verschieden. Emma ist eine sehr gute Schülerin, fast ohne sich anzustrengen. Und du bist so beliebt, ein super Zeichner und hast richtig viele Freunde.“
In dem die positiven Eigenschaften eines Kindes hervorgehoben werden, muss es sich nicht gegenüber einem Geschwisterkind für minderwertiger halten. Es lernt, dass jeder etwas kann und darstellt.

Streichen Sie „immer“ und „nie“ aus Ihrem Wortschatz

Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie in Streitgesprächen mit Ihrem Kind zu den Wörtern „immer“ (Immer kommst du mit dreckigen Schuhen in die Wohnung!) und „nie“ (Nie weißt du, wann die nächste Arbeit geschrieben wird!) greifen, sollten Sie die Notbremse ziehen. Diese Wörter geben nur Ihrem Frust Ausdruck, beschreiben aber selten eine Situation treffend. Anstatt sich über das Fehlverhalten Gedanken zu machen bewirken sie bei Ihrem Kind nur Ärger über die ungerechte und falsche Behauptung.

So machen Sie Tabu-Sätze rückgängig

Nur wenn Sie mit Ihrem Kind offen sprechen, Ihren Fehler eingestehen und auch begründen, kann die Wirkung eines solchen Ausspruches aufgehoben werden. Lassen Sie Ihr Kind nachvollziehen, wie es dazu gekommen ist. „Ich war so sauer auf dich, dass ich in dem Moment einfach was Blödes gesagt habe. Tut mir Leid, denn natürlich weiß ich, dass du dich anstrengst und schon wahnsinnig viel gelernt hast.“ Mit einer abschließenden Umarmung oder einem harmonischen Spiel ist die negative Prophezeiung dann in der Regel aus der Welt.

Doch ganz sicher können Sie sich nicht sein. Behalten Sie Ihr Kind und den blöden Tabu-Satz im Auge. Falls sich die Botschaft festgesetzt hat, müssen Sie erneut gegensteuern. Nicht gut ist es, wenn Sie die Auswirkungen ignorieren. Klare Worte und eine weitere Entschuldigung sind der beste Weg, die blöden Tabu-Sätze zu neutralisieren.

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